Am Pfingstsonntag startete ich zur ersten Romanlesung meines Lebens. Einerseits ist es natürlich eine große Ehre, aus dem eigenen Buch zu lesen. Andererseites hat man auf so einer Bühne auch eine Menge Gelegenheit sich ausgiebig zu blamieren! Entsprechend aufgeregt war ich natürlich. Zigmal habe ich kontrolliert, ob ich auch das Buch, DAS Buch mit den Markierungen, Streichungen und den Einklebezetteln, damit ich die Stellen zum Lesen auch wiederfinde, dabei hatte. Dabei war es in meiner Tasche. Schon seit dem Abend vorher, andem ich zum letzen Mal angeguckt habe, was ich lesen würde. Natürlich war es da. Und mein Fotoapparat, damit ihr, die ihr diesen Bericht hier lest, was zu gucken habt? Der lag auf dem Buch. Die Uhr, damit ich weiß, wieviel Zeit ich noch habe? Nein. Uhr nicht da. Meine Uhr war weg! Einfach weg! Hektische Suche quer durchs Haus, alle Taschen, Ablagemöglichkeiten, Nachttische: Nichts! Schließlich habe ich die Plastikuhr von meinem Sohn geliehen, damit ich wusste, was sie Stunde geschlagen hatte. Danke Simon! (Falls sich vielleicht jemand gewundert haben sollte, warum ich so einen schwarzen Klotz am Handgelenk hatte…)
Dann konnte das Schattenblütenmobil starten. Zum Glück waren die Autobahnen frei, der Tank voll, das Wetter super. Und mein Mann hat mich gefahren, so dass ich nicht auch noch nach dem Weg gucken musste. Navi haben wir nämlich nicht und aufgeregt wie ich war, wäre ich sicher in der Aktis gelandet. Dank meinem Mann kamen wir in Meißen an.
Die erste positive Überraschung, gleich nach dem Überqueren der langen Elbbrücke: Meißen ist ja so eine wunderschöne Stadt! Wir ließen das Auto gleich neben der Elbe stehen. Und da die Fantasylesebühne war ganz oben auf dem Berg war, hatten wir Gelegenheit, die ganzen süßen Kopfsteinpflasterstraßen aufwärts zu durchwandern. Vorbei an kleinen Läden, Kaffees und malerischen Wohnhäusern. Die Fantasylesebühne war auf der Burgterrasse aufgebaut, direkt neben einer halbhohen Mauer, von der aus man über die Dächer von Meißen schauen konnte. Es ist „Der Balkon von Meißen“.
Die zweite positive Überraschung war die Lesebühne selbst. Es gab nicht nur einen roten Plüschsessel auf einem Podest, von dem aus man alle Zuhörer sehen konnte, sondern auch ein Mikrofon, in das man nur flüstern musste, und jeder konnte es hören. „Flüstert er“ konnte ich also wirklich flüstern und beim Seufzen auch seufzen. Prima. Ich las und erzählte ein wenig zu dem Buch, hoffte, dass ich die richtigen Stellen ausgesucht hatte. Zwischendurch konnte ich kristallklares Wasser aus einem langstieligen Glas nippen. Sehr edel!
Die dritte positive Überraschung waren die Zuhörer, die nicht, wie ich erwartet hatte, von Lesebühne zu Lesebühne wanderten, sondern still ausharrten und gebannt der „Schattenblüte“ lauschten. Das in der heißen Sonne! (Und ohne langstieliges Wasserglas)
Für Fragen zum Buch war leider anschließend keine Zeit mehr, denn der nächste Autor war bereits an der Reihe. Vielleicht hätte ich etwas kürzer lesen sollen, aber ich wollte doch nicht auf meine Liebligsszenen verzichten! Allerdings brachten drei Mädchen ihre Bücher mit, die sie offensichtlich auch gelesen hatten, und ließen sie signieren. (Liebe Grüße an Franzi, Camilla und Saskia!). Wir haben uns dann noch ein wenig im Flüsterton unterhalten.
Bitte verzeiht mir, wenn ich vor Aufregung nicht so viel von den anderen Lesungen mitbekommen habe und deshalb auch nicht darüber berichten kann. Sie müssen super gewesen sein, denn überall auf den Straßen sah man kleine Pulks von Menschen mit lächelnden Gesichtern und um die Lesenbühen herum große Pulks aus lauschenden Leuten. Es war, als wäre die ganze Stadt erfüllt von den gelesenen Geschichten, die summend zwischen den Häuserwänden schwebten. Ich habe mir vorgenommen, im nächsten Jahr wieder zum Literaturfest zu kommen, mehr Zeit und Ruhe mitzubringen, und die Lesungen so richtig zu genießen.
Alles in allem ein wirklich schöner Tag auf dem Literaturfest in Meißen.