Die Idee, dass sich Werwölfe zurück verwandeln, wenn man ihren Namen sagt, stammt nicht von mir. Ich habe sie übernommen aus einem alten niederdeutschen Gedicht von Klaus Groth, das „Hans Iwer“ heißt. Das Gedicht wurde in der „Sammlung Quickborn“ das erste Mal im Jahre 1852 veröffentlicht, ist also mittlerweile über 150 Jahre alt, und basiert lt. Anmerkungen hierzu auf einer alten Werwolf-Sage. Zitat: „Zugrunde liegt eine Werwolf-Sage. Dem Volksglauben nach muss ein Werwolf (…) bei Anruf seine ursprüngliche Gestalt annehmen, dann aber stirbt er“. (Ich habe mir mal überlegt, wie alt eine Sage ist, die vor hundertfünfzig Jahren schon „alt war…)
Übrigens sollte in meiner ursprünglichen Idee Sjöll auch das Gedicht „Hans Iver“ in der Tasche haben. Ich habe mich dann allerdings entschlossen, ein eigenes Gedicht zu schreiben, in dem der Werwolf am Ende nicht stirbt. ;-)
Das ursprüngliche Gedicht möchte ich euch jedoch nicht vorenthalten. hier folgt erst das Original auf plattdeutsch, dann versuche ich mich für euch an einer hochdeutschen Übersetzung.
Hans Iwer
(Original auf Plattdeutsch)
De Kaat liggt dal, de Kroog liggt wööst:
De arme Seel hett Gott erlööst. –
Hans Iwer reep des Morgens fröh:
Stah op! stah op! und melk de Köh!
Das Mäden flöög vor Schreck tosam’n
O ja, Hans Iwer, ik will kam’n!
Se weer en arm verlaten Bloot,
Se beed toerst to’n leven Gott.
Ehr Hemd is deker, dünn de Rock,
Se bindt um’t lange Haar en Dook.
Se schört um’t smalle Lief en Egg,
se nimmt de Dracht un is torech‘.
Dat Mäden weer so jung un mööd,
Ehr sangeln noch de weken Fööt.
Dat Gras is koolt von Daak und Dau,
Dat Feld liggt bleek in’t Morgengrau.
Do weet se gar ni, wa ehr ward,
Ehr kruppt de kole Angst um’t Hart!
Is dat de Voss, de jankt’t in’t Feld?
Is dat en Hund, de huult un bellt?
Se höört, as reep Hans Iwer fröh:
Stah op! stah op! un melk de Köh!
Do springt se schüchtern op dat Steg:
Herr Gott! Dar steiht en Wulf in’n Weg!
In’n Nevel steeiht he, huult un bellt,
Do klingt dat dör dat wiede Feld!
Do schütt sie as en Lamm tosaam
und röppt: Hans Iwer, ja! ik kaam! –
As se vör Schrecken sik besunn,
Do weer de böse Wulf verswunn’n.
Se keem to Huus mit Dracht und Melk,
Dor weer Hans Iwer leeg und welk.
Denn he is storv‘, bi Nacht, allen,
De Wulf is ni wedder sehn.
Gott hett sien arme Seel erlööst:
Sien Kaat und Kroog liggt wild un wööst.
Hans Iwer
(In meiner hochdeutschen Übersetzung:)
Das Haus liegt hernieder, der Krug liegt verlassen:
die arme Seele hat Gott erlöst.
Hans Iwer ruft des Morgens früh:
Steh auf! Steh auf! und melk die Küh‘!
Das Mädchen fährt vor Schreck zusamm’n
Oh ja, Hans Iwer, ich will komm’n!
Sie war ein armes verlassenes Blut
Sie betet zuerst zum lieben Gott.
Ihr Hemd ist zerschlissen, dünn der Rock
Sie bindet ums lange Haar ein Tuch
Sie schnürt um den schmalen Leib ein Schürzenband
Sie nimmt die Tracht (Eimertragevorrichtung) und ist fertig.
Das Mädchen ist so jung und müde
Ihr brennen noch die weichen Füße
Das Gras ist kalt von Dunst und Tau
Das Feld liegt bleich im Morgengrau
Da weiß sie gar nicht, wie ihr wird,
Ihr kriecht die kalte Angst ums Herz.
Ist das der Fuchs, der winselt im Feld?
Ist das ein Hund, der heult und bellt?
Sie hört, als riefe Hans Iwer früh:
Steh auf! steh auf! und melk die Küh‘
Da springt sie schüchtern auf den Steg:
Herr Gott! Da steht ein Wolf im Weg!
Im Nebel steht er, heult und bellt,
Da klingt es durch das weite Feld!
Da fährt sie wie ein Lamm zusammen
Und ruft: Hans Iwer, ja! ich komme!
Als sie vom Schrecken sich besann,
da war der böse Wolf verschwunden
Sie kam nach Haus mit Tracht und Milch,
da war Hans Iver elend und blass.
Dann ist er gestorben, bei Nacht, allein,
Der Wolf wurde niemals wieder gesehen.
Gott hat seine arme Seele erlöst:
Sein Haus und Krug liegen verwildert und verlassen.